Am Freitag, 06. Dezember 2024 installierte das BioDivHubs den mobilen Demonstrationsgarten an seiner ersten Station, dem Werksviertel-Mitte in München. Die abwechslungsreichen Hochbeete bilden einen interaktiven Ort des Zusammenkommens, der die Nachbarschaft zum Verweilen einlädt. Durch die Veranschaulichung verschiedener insektenfördernden Maßnahmen werden Bewohner*innen inspiriert, selber für den Schutz der Artenvielfalt in gemeinschaftlichen Quartiersprojekten aktiv zu werden. Der mobile Demonstrationsgarten vermittelt Wissen rund um das Thema Biodiversität und setzt auf Beteilung vor Ort – ein Zusammenspiel aus ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit. Das Konzept der wandernden Hochbeete ist im Projekt BioDivHubs mit einer Laufzeit von 5 Jahren eingebettet.
Der mobile Demonstrationsgarten besteht aus 5 ästhetisch gestalteten Cortenstahl-Hochbeeten und einer Benjeshecke. Diese ist auf einer Palette installiert und dadurch ebenfalls mobil. Den Beeten wurden verschiedene Themen zuordnet. Im ersten Hochbeet wachsen heimische Wildpflanzen, die essbar sind. Dazu zählt eine Wildobsthecke im Zentrum des Beetes und umliegende Wildkräuter, die als Bodendecker fungieren. Das zweite Beet ist ein Sandarium, dass hauptsächlich aus ungewaschenem, grobem Sand mit unterschiedlicher Körnung besteht und als Nistbereich für erdbewohnende Insekten wie Wildbienen dient. Als weiteres Strukturelement wurden Steine in verschiedenen Größen und Formen angehäufelt. Im dritten Beet ist eine Blühwiese angelegt, die durch die Methode der Mahdgutübertragung entstand. Dabei werden Samen von artenreichen, bunt blühenden Wiesen aus der Umgebung auf eine neue Fläche aufgebracht. Das vierte Hochbeet ist mit gefährdeten einheimischen Pflanzen bestückt, die bereits im BioDivHubs-Projekt „Naturschutz auf dem Balkon“ im Ackermannbogen zum Einsatz kamen. Das letzte Hochbeet wird für Umweltbildungsangebote und darin eingebettete partizipative Workshops genutzt.
Da es sich hierbei um einen mobilen Demonstrationsgarten handelt, war es den Projektakteur*innen wichtig, dass die Beete stabil und langlebig sind. Dadurch fiel die Entscheidung auf das robuste Cortonstahl statt auf empfindlicheres Holz.
Zum mobilen Demonstrationsgarten gehört auch ein Maßnahmenkatalog, der von den BioDivHubs-Verbundspartnern zusammengestellt wurde. Darin sind u. a. Hintergrundinformationen zum Thema Biodiversität, anschauliche Illustrationen, Anlaufstellen und praktisches Werkzeug aufgelistet. Besonders einprägsam ist eine Schritt-für-Schritt Anleitung, in der die praktische Umsetzung der insektenfördernden Maßnahmen beschrieben wird.
Die wandernden Hochbeete sind zwar durch die Transporte mit einem höheren Arbeits- und Kostenaufwand verbunden, bieten jedoch enorme Vorteile wie die Möglichkeit der Begrünung auf versiegelten Flächen, die Positionierung an stark frequentierten Orten und den Einsatz bei gesellschaftlichen Aktionen. Durch die variablen Aufstellmöglichkeiten profitieren außerdem alle beteiligten Quartiere. Der mobile Demonstrationsgarten erzeugt Aufmerksamkeit. Er erreicht die Menschen im Quartier und motiviert sie, aktiv Biodiversität im Quartier zu erleben und zu unterstützen, z. B. durch Mitarbeiten in Gemeinschaftsgärten. Zusätzlich werden gesehene Maßnahmen zur Förderung der Biodiversität auch auf den eigenen Garten oder Balkon übertragen. Der mobile Demonstrationsgarten wird einmal im Jahr den Standort wechseln. Ab sofort können die aufmerksamkeitserregenden Hochbeete vor dem Riesenrad „Umadum“, Höhe Grafinger St. 9, bestaunt werden.
Die Teilnehmenden des Projekts „Platz zum Überleben gesucht – Naturschutz auf dem Balkon?“ zeigen ausgewählte Bilder ihrer pflanzlichen Schützlinge. Zu erleben sind farbenfrohe Blüten, neugierige Insekten und anregende Gartengespräche.
Natur, Kultur und Soziales – das sind die großen Themen, die sich der Ackermannbogen e.V. auf die Fahnen schreibt. Man sieht es bereits am Slogan im Logo: Nachbarschaft – Umwelt – Kultur, heißt es da. Dass diese drei Bereiche nicht wie Säulen getrennt nebeneinanderstehen, sondern miteinander in einen Austausch treten und zusammenwirken, sieht man an der Ausstellung, die ab dem 27. November im SchauRaum gezeigt wird.
Zu sehen sind Bilder von Pflanzen, ansprechende Blütenportraits – eigentlich kein außergewöhnliches Sujet für eine Galerie. Das Besondere ist, dass die Bilder ein Projekt dokumentieren, bei dem es um die biologische Vielfalt im Viertel geht. Das Projekt heißt „Platz zum Überleben gesucht – Naturschutz auf dem Balkon?“ und startete im Frühjahr 2024. Rund 60 Nachbar:innen pflanzten auf ihren Balkonen unterschiedliche mehrjährige Pflanzen in Töpfe, die normalerweise in der freien Natur wachsen. Zur Auswahl standen 25 Arten, die alle insektenfreundlich, heimisch und zum Teil sogar selten sind. Ziel ist es, diesen Arten, die eigentlich hier wachsen könnten, einen Überlebensraum zu geben, den sie in der dicht bebauten und aufgeräumten Stadt verloren haben. Das gegenwärtige Artensterben lässt sich mit bepflanzten Balkonen sicher nicht stoppen. Beim Kennenlernen, Pflegen und Beobachten der Pflanzen und beim Austausch über das Erlebte wächst aber die Beziehung zwischen Mensch und Natur. Diese Beziehung öffnet die Sensibilität für die Problematik des Artensterbens, das nicht nur im fernen Regenwald, sondern auch hier, vor unserer Tür stattfindet. Viele der Arten, die vom Aussterben bedroht oder bereits verschwunden sind, kennen wir nur leider gar nicht. Und wie soll man schützen, was man nicht kennt? Menschen, die in Naturschutzgebieten die Schönheiten der biologischen Vielfalt erlebt haben, sind eher bereit, sich für den Erhalt der Vielfalt und der Lebensräume einzusetzen. Nur gehören die Ausflüge in die Naturparadiese für Stadtbewohner:innen nicht zu den alltäglichen Erfahrungen. Wieso also nicht das Naturerlebnis in die Stadt holen? Direkt in unseren Alltag, auf Balkon oder Terrasse? Oder in die Galerie im SchauRaum?
Die ausgestellten Bilder zeigen, dass die Beziehungsarbeit mit den Pflanzen gut funktioniert. Die Verbindung zur Umwelt entwickelt sich oft über unsere ästhetische Wahrnehmung. Eine farbige Blüte, der überraschende Insektenbesuch spricht das Auge an, löst Interesse und Empathie aus. Die Freude an der Schönheit mischt sich mit dem wissenschaftlichen Blick. Denn alle Teilnehmenden haben die Aufgabe, die Entwicklung der Pflanzen und speziell den Besuch von Insekten zu dokumentieren. Die TU München begleitet als Projektpartner die ökologische Evaluation. Wer beim Balkonprojekt mitmacht, lernt also auch einiges über die Vielfalt der Insektenwelt und bekommt einen neuen Blick auf den gewohnten Schädlings-Stempel für pflanzenfressende Insekten.
Das Projekt wird im Rahmen des Verbundsprojekts BioDivHubs vom Bundesamt für Naturschutz gefördert, dessen Ziel es ist, zusammen mit den Menschen im Viertel Maßnahmen zur Förderung der biologischen Vielfalt in der Stadt umzusetzen. Die Begeisterung für das Thema zu wecken und möglichst die ganze Nachbarschaft zu beteiligen ist dabei der erste Schritt.
Vernissage: Mittwoch, 27. November 2024, 18.00 – 20.00 Uhr, im SchauRaum, Therese-Studer-Straße 9, München Ackermannbogen
Weitere Öffnungszeiten: Freitag, 29. November 2024, 17:00 – 19:00 Uhr Sonntag, 1. Dezember 2024, 11:00 – 13:00 Uhr Sonntag, 8. Dezember 2024, 11:00 – 13:00 Uhr Finissage: Freitag, 28. Februar 2025, 17:00 – 19:00 Uhr
„Den Garten winterfest machen“ Welche Bedeutung hat diese geläufige Redewendung eigentlich genau? Es kommt darauf an, wen man fragt. Früher nannte man einen Gemüsegarten auf dem Land dann winterfest, wenn Sträucher und Stauden abgeschnitten, das Laub zusammengerecht und am besten noch die Gemüsebeete umgegraben waren. Ist alles ordentlich aufgeräumt und vorbereitet für das nächste Frühjahr, ist der Garten winterfest.
Naturnahe Gärten machen sich für eine andere Gartenpraxis stark. Sie verstehen den Garten nicht nur als Nutzgarten, der nach rein praktischen Kriterien funktioniert, sondern als Lebensraum für möglichst viele Insekten, Vögel und andere Gartenbewohner. Und da man weiß, dass Vögel gerne die Samen von stehengebliebenen Blumen fressen und Insekten im Schutz der Pflanzenmasse überwintern, werden die Beete eben nicht abgeräumt. Es soll möglichst viel bis zum nächsten Frühjahr stehen bleiben.
In manchen Gärten, und gerade in den gemeinschaftlich gepflegten mischen sich die unterschiedlichen Garten-Vorstellungen. Während die einen ihr Beet als Lebensinsel verstehen und zugunsten der Insekten möglichst wenig in die natürlichen Prozesse eingreifen wollen, brauchen andere eine gewisse Struktur: der Garten ist für sie ein gestalteter Ort. Das heißt, er soll schön aussehen! Was chaotisch und verwildert wirkt, wird geordnet. Immerhin ist man sich meistens darin einig, dass der Garten ein Ort für die biologische Vielfalt sein soll. Das Bild von den Distelfinken, die im Winter die Samen aus den stehen gebliebenen Karden picken, finden zum Beispiel alle schön. Schmetterlinge mögen wir auch gerne, und wenn wir wissen, dass ihre Puppen an bestimmten Halmen überwintern – keine Frage, dann bleiben diese vertrockneten Pflanzenstängel natürlich stehen.
Aber dann endet das Vorstellungsvermögen meistens ziemlich schnell: Welche Tierchen sind es denn genau, die sich im toten Pflanzenmaterial am Leben halten? Und welche Pflanzenteile brauchen sie dafür? Samenstände, hohle Stängel, Laub…? Dass wir wenig darüber wissen, liegt in der Natur der Sache: Die Tiere verstecken sich, verkriechen sich im Schutz ihrer pflanzlichen Behausungen, wollen nicht entdeckt werden. Und uns ist es im Winter zu kalt, um geduldig nach kleinem Krabbelgetier Ausschau zu halten. Sobald wir wüssten, was da alles lebt, die Arten sogar noch mit Namen kennen würden, fiele es möglicherweise leichter, das „Chaos“ stehen zu lassen. Hat man mit eigenen Augen die winzige Ameisenspinne entdeckt, wie sie sich im Blutweiderich eingenistet hat, ist der Blutweiderich künftig nicht mehr nur totes Gestrüpp. Das Verständnis dafür, was schön ist, der Blick auf den Garten verändert sich mit solchen Entdeckungen.
Beim Rundgang durch die ÖBZ-Gärten sehen wir uns die Pflanzen unter dem Aspekt ihrer Funktion als Lebensräume an, als Teile eines komplexen Systems. Wir lernen einige Arten kennen, die sich aufs Versteckspiel spezialisieren und angewiesen sind auf ein bisschen Chaos in den Beeten. Wie wir den Garten künftig gestalten, liegt weiterhin in unserer Hand, aber das ästhetische Empfinden kann sich nach der Bekanntschaft mit den Überlebensgeschichten verändern.
Wann: Samstag, 30. November 2024, 11-12:30 Uhr
Wo: Gärten und Raum 2/3, Ökologisches Bildungszentrum, Englschalkinger Straße 166, Treffpunkt beim Gartenhaus
Tolle Aktion im Ökologischen Bildungszentrum am 19. Oktober 2024
Viele Kinder aller Altersstufen versammelten sich zusammen mit ihren Eltern an diesem herbstlich-sonnigen Samstag am Platz vor dem Geräteschuppen des ÖBZ-Geländes. Auf zwei Biertischen waren gelbe Netze mit Unmengen von kleinen Zwiebelchen und anderen Samen ausgelegt und auch viele interessante Informationen zu den bunten Frühblühern, die im nächsten Frühjahr Tiere und Menschen erfreuen sollen.
Konrad Bucher, der die Pflanzaktion koordinierte, erklärt den Kindern, den Familien und den anderen Freiwilligen, warum sie heute mithelfen sollen: es ist nämlich geplant, 1000 bunte Frühlingsblumen von 7 verschiedenen heimischen Arten auf das Gelände des Ökologischen Bildungszentrums zu pflanzen, Frühlings-Krokusse, Schneeglöckchen, gelbe Windröschen, Buschwindröschen, Märzenbecher, Lerchensporn und zweiblättrigen Blaustern. Das bedeutet ganz schön viel Arbeit – Erdlöcher ausheben, Zwiebeln mit der Triebspitze nach oben in eine bestimmte Tiefe setzen – nährstoffreiche Komposterde ins Pflanzloch geben und das Loch wieder locker mit der ausgehobenen Erde ausfüllen. Einige Kinder wissen ganz genau, warum die frühblühenden Zwiebelpflanzen nicht nur bunt und schön fürs Auge, sondern wichtig für die Insektenwelt sind: Sie brauchen diesen ersten Pollen und Nektar im Frühjahr ganz dringend als Nahrung. Vor allem die Wildbienen sind auf spezielle einheimische Blütenpflanzen angewiesen, denn sie sind „Feinschmecker“. Anders als die Honigbienen, die viele verschiedene Blüten als Nahrungsquelle nutzen können – sind die meisten Wildbienenarten, aber auch viele Schmetterlinge, sogenannte Spezialisten: Sie brauchen eine ganz bestimmte Pflanzenart, um überleben zu können. Wenn solche Pflanzenarten verschwinden, verschwinden mit ihnen die Wildbienen und Falter.
Konrad Bucher lässt die Kinder raten, wie viele Wildbienenarten es in Deutschland gibt: Die Hände fliegen hoch – von 30 bis 1000 Arten reichen die Vorschläge – es sind tatsächlich 560 verschiedene Wildbienenarten, die in Deutschland auf die einheimischen Pflanzen als Nahrungsquelle angewiesen sind. Jetzt muss noch die Frage geklärt werden, warum denn viele dieser früh blühenden Arten eine Zwiebel haben und auch im Auwald, an Waldrändern – am Rande von Hecken – also im Schatten so herrlich bunt blühen.
Überlebensstrategie „früher blühen“
Bäume und Hecken beschatten im Sommer den Waldboden so stark, dass beispielsweise das Buschwindröschen keine Chance mehr hätte, ausreichend Licht für die Photosynthese zu bekommen. Im Laufe der Evolution haben sich die Pflanzen des Waldbodens aber eine ökologische Nische gesucht, in der sie überleben können. Sie nutzen das Sonnenlicht, das im zeitigen Frühjahr bis auf den Waldboden fällt, weil die Laubbäume noch kahl sind und viel Licht durchlassen. Mit Nahrung sind die Frühblüher bestens versorgt, denn was sie zum Austreiben und Blühen brauchen ist in ihren unterirdischen Speicherorganen, den Zwiebeln, Rhizomen oder Knollen eingelagert. Nach der kurzen Blüte haben die Pflanzen wieder genügend Speicherstoffe für das nächste Jahr gesammelt und in den Zwiebeln gespeichert. Sie ziehen danach meist vollständig ein und warten im Waldboden auf ihren Auftritt im nächsten Frühjahr. Andere Frühblüher-Arten blühen an so einem frühen Zeitpunkt im Jahr, da sie an sommertrockenen Standorten wachsen. Im Sommer wäre nicht genügend Wasser für die ressourcenzehrende Blüte vorhanden, im zeitigen Frühjahr können sie noch aus dem Vollen schöpfen. Um Nachtfrost und Kälteeinbrüche zu überstehen, haben bestimmte frühblühende Arten „Frostschutzmittel“ entwickelt. Schneeglöckchen lagern zum Beispiel Salze ein, die verhindern, dass das Wasser in ihren Knollen, Blättern oder Trieben gefriert.
Jetzt stellen die Umweltpädagog*innen die Arten vor, die sie pflanzen wollen und teilen alle Kinder und ihre Begleitungen in Pflanzgruppen ein. Wieder fliegen viele Arme hoch: „Ja ich, ja ich“ – alle wollen erstmal in die Gruppe „Frühlings-Krokus“. Doch auch Schneeglöckchen, gelbe Windröschen, Buschwindröschen, Märzenbecher, Lerchensporn und der Blaustern finden ihre Anhänger. Mit Zwiebeln, Lageplänen, Spaten und Grabegabeln ausgerüstet, verteilen sich die Gruppen auf dem weiten ÖBZ-Gelände und pflanzen einen bunten Frühling für das nächste Jahr.
Die Diva: Märzenbecher (Leucojum vernum)
Die Gruppe Märzenbecher geht mit Konrad auf eine Wiese hinter dem ÖBZ-Gebäude. Der Märzenbecher ist eine richtige Diva, sprich eine schwierige Pflanze, die nicht so leicht anwächst. Die Zwiebeln trocknen leicht aus, und sterben ohne Erde. Deswegen wurden sie nach der Lieferung in kleinen Töpfen mit Erde versorgt und sind schon ausgetrieben. Wegen der zarten Würzelchen muss man sehr vorsichtig mit ihnen umgehen. 6 Zwiebeln setzen wir ca. 10 cm tief in ein großes Spatenloch, das mit etwas Kompost angereichert wurde. Wir setzen die Märzenbecher an 2 ganz unterschiedliche Stellen – auf der Wiese und mitten im Gehölz. Eigentlich brauchen sie ja schattige Standorte. Es soll aber untersucht werden, wo sie sich besser entwickeln. Leider wird das erst im übernächsten Jahr klar werden, denn die Diva lässt sich viel Zeit mit ihrer Entwicklung und blüht erst im zweiten Jahr.
Das Buschwindröschen (Anemone nemorosa)
Das zarte Buschwindröschen setzt man nur 3 – 5 cm tief in möglichst feuchten und nährstoffreichen Boden mit lockerer Laubmulchschicht, bevorzugt am Rande von Buchengruppen. Es blüht von März bis April; vom Vorfrühling bis zum Frühsommer mit grünen Blättern, dann werden die Blätter eingezogen. Es ist einheimisch, ungefährdet und nicht besonders geschützt. Das Buschwindröschen ist nicht nur Nahrungspflanze für 18 Wildbienenarten, sondern auch für 4 Schmetterlingsarten, 8 Schwebfliegenarten und eine Käferart.
Das Gelbe Windröschen (Anemone ranunculoides)
Das gelbe Windröschen ist wie das weiße Buschwindröschen einheimisch, ungefährdet, und nicht besonders geschützt und kommt vor allem in Bruch- und Auenwäldern sowie in feuchten Laubwäldern, also vorwiegend außerhalb menschlicher Siedlungen vor. Es ist für kurzrüsselige Wildbienen, Schwebfliegen, Käfer, Fliegen eine wichtige Nahrungspflanze und blüht etwas später als das weiße Buschwindröschen.
Der Frühlings-Krokus (Crocus vernus)
Diese beliebte und bekannte Art wächst auf durchlässigen, nährstoffreichen Boden, gerne auch auf sonnigen Wiesen und im menschlichen Siedlungsbereich. Blütezeit ist von Februar bis März. Frühe Nahrung für 4 Wildbienenarten, z.B. die gehörnte Mauerbiene.Die Art ist ungefährdet, aber durch das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG:) besonders geschützt.
Zweiblättriger Blaustern (Scilla bifolia)
Der hübsche Blaustern wächst sowohl an sonnigen, wie auch an halbschattigen Stellen auf feuchten Wiesen und Weiden, Bruch- und Auenwäldern, Laub- und Tannenwäldern, Schwebfliegen, Bienen, Falter bestäuben ihn, er ist wichtige Nahrungspflanze für die gehörnte Mauerbiene und die gewöhnliche Schmalbiene. Die einheimische Pflanzeblüht imMärz und April, ist ungefährdet, aber durch das BNatSchG: besonders geschützt. In Parks ist leider meist der angepflanzte Sibirische Blaustern zu finden.
Das Schneeglöckchen (Galanthus nivalis)
Schneeglöckchen blühen von Februar bis März und kommen in Bruch- und Auenwäldern, auf nährstoffreichen, feuchten Böden, oft im Wald, aber auch in Gärten vor. Es ist ebenfalls wichtige Nahrungspflanze für die gehörnte Mauerbiene und die gewöhnliche Schmalbiene. Der grüne Fleck auf den Blütenblättern dient als Orientierungssignal für Insekten, das diese zu Nektar und Pollen führt. Die einheimische Art ist auf der Vorwarnliste und durch das Bundesnaturschutzgesetz besonders geschützt. Das Schneeglöckchen hat wie einige andere Blühpflanzen eine trickreiche Technik der Verbreitung: Die Samen enthalten ein nährstoffreiches Anhängsel, das Ameisen anlockt, die dann beim Abtransport für die Ausbreitung der Schneeglöckchen sorgen.
Gefingerter Lerchensporn (Corydalis solida)
Der Lerchensporn blüht von März bis April in Laub- und Auenwäldern, aber auch auf Obstwiesen und in Weinbergen, vorwiegend außerhalb menschlicher Siedlungen. Er bevorzugt feuchte, leichte, lockere mullreiche Lehmböden. 7 verschiedene Wildbienenarten, 3 Schmetterlingsarten und eine Schwebfliegenart brauchen ihn als Nahrungspflanze. Er ist einheimisch, ungefährdet und nicht besonders geschützt.
Es war eine wunderschöne Aktion – den Kindern, aber auch den erwachsenen Helfer*innen hat man ihre Begeisterung angesehen. Stundenlang gemeinsam in der Erde buddeln, Bewegung an der frischen Luft – aber auch konzentriert etwas arbeiten und spielerisch etwas lernen. Wenn Schule auch öfter so wäre, wäre sicher viel gewonnen für die nächste Generation. Und wenn im kommenden Frühjahr 1000 einheimische Frühblüher aus der Erde spitzen, ist allen geholfen – der Insektenvielfalt, den Erwachsenen mit ihrem Wunsch nach ästhetischer Natur und den Kindern, die ganz selbstverständlich lernen, Teil der Natur und Teil der Lösung zu sein.
Alle zwei Jahre bringt die Gartengruppe vom Ökologischen Bildungszentrum einen Kalender heraus, der unterschiedliche Gartenthemen behandelt. Beispielsweise geht es um essbare Wildpflanzen, Gemüseraritäten oder Heilpflanzen, ein andermal um Tiere im Garten oder speziell um die Bohne. Das vergangene Jahr über befasste sich das zehnköpfige Kalenderteam mit der „Flora non grata“, also mit Pflanzen, die die Gärtnerinnen und Gärtner aus irgendwelchen Gründen nicht wirklich schätzen. Kurz gesagt: es ist ein Kalender über „Unkraut“ geworden. Wie immer sammeln sich bei der Recherche viele interessante Geschichten und auch Bilder an, die man im Kalender gar nicht alle zeigen kann. Überraschend, dass es von Pflanzen, die ansonsten nur auf dem Kompost landen, irgendwann ziemlich viele Bilder gibt, die man sogar schön findet. So entstand die Idee, begleitend zum Erscheinen des Kalenders einen Bilder-Abend zu veranstalten und die Pflanzenbetrachtung als Einstieg dafür zu nutzen, über das Für und Wider von „Unkraut“ im Garten zu reflektieren.
Immerhin folgten acht Personen, die selbst nicht an der Entstehung der Kalender-Texte beteiligt waren, der Einladung zum Unkrautabend. Kann man einen ganzen Abend lang über Unkraut reden? Langweilig wird das Thema schon deshalb nicht, weil man sich bereits über den Begriff „Unkraut“ streiten kann. Und jede einzelne Art lässt sich aus unterschiedlicher Perspektive betrachten. Die Zaunwinde zum Beispiel: Man kann sich ärgern über ihre unbändige Dominanz, mit der sie schonungslos alles überwuchert, man wünscht sich Ratschläge, wie man sie am besten loswird und kann schließlich doch nicht anders, als ihre Vitalität zu bewundern, mit der sie selbst die unwirtlichsten Räume begrünt – und dabei eine gute Figur abgibt, wenn man sie nur lässt. Ähnlich ist es bei dem Jakobskreuzkraut: Landwirte bezeichnen es als „gelbe Gefahr“, weil es Weidetiere vergiften und sogar töten kann. Deshalb muss das Heu von Wiesen, in denen diese Pflanze wächst, vernichtet werden. Naturschützer wehren sich dagegen, dass das Kreuzkraut radikal bekämpft wird; schließlich bietet es als heimische Wildpflanze über 72 Wildbienenarten Nahrung, außerdem 29 Schwebfliegen und über 30 Schmetterlingen! z.B. ist der Jakobskraut-Bär, ein hübscher schwarzroter Falter, bzw. dessen Raupe auf diese Pflanze spezialisiert. So geht es einem mit jeder einzelnen Art aus diesem Kalender: Beim genaueren Hinsehen zeigt sich bei allen irgendwann eine bewundernswerte, sympathische auf jeden Fall überraschend Seite. Obwohl man dachte, man würde sie kennen. Wie wenig wir diese „Allerweltsarten“ im Grunde wirklich kennen, stellte sich bei der Recherche heraus: Es war gar nicht so einfach herauszufinden, um welche Distel oder um welchen Ehrenpreis es sich denn genau handelt. Ist es nun die Rauhe Gänsedistel, die Kohl-Gänsedistel oder vielleicht die Acker-Gänsedistel? Mit der Vielzahl der Ehrenpreis-Arten lässt sich fast das ganze Alphabet durchdeklinieren. Beim Weidenröschen waren sich die Bestimmungs-Apps leider uneinig, im Netz stolperte man öfters über falsche Angaben. Kennen wir diese Arten nicht, weil wir sie nicht mögen? Oder schätzen wir sie nicht, weil wir sie zu wenig kennen?
Bei den seltenen, geschützten Pflanzen sieht es ganz anders aus. Wir wissen viel über sie und tun einiges, um sie zu erhalten; zwar immer noch nicht genug, immerhin genießen diese Arten im Unterschied zu den „Unkräutern“ eine gewisse Lobby. Wenn es aber um den Erhalt der biologischen Vielfalt insgesamt geht, müssen wir den Horizont des Erhaltenswerten viel weiter fassen. Auch die ungeschätzten Unkräuter haben innerhalb der Komplexität der Ökosysteme ihre Bedeutung und brauchen Akzeptanz. Vor allem auch die Lebensräume, in denen sich die Flora non grata entfaltet, die vernachlässigten, wilden Ecken, in ihrer Bedeutung für Insekten unterschätzt. Eigentlich fällt es gar nicht so schwer, sie zuzulassen oder sogar schön zu finden.
Blühflächen lassen sich auf unterschiedliche Arten anlegen. Die gängigste Methode ist die Ansaat. Es gibt vielfältigste Saatgut-Mischungen für alle möglichen Standorte, auch solche mit heimischen Arten, denen man unter dem ökologischen Aspekt den Vorrang geben sollte, weil sie wichtig sind als Nahrungsquelle für Insekten. Mit einer Saatgutmischung stellt man eine Blühwiese her, die ca. zweimal im Jahr gemäht werden muss. Solche Wiesen benötigen eine gewisse Mindestgröße, wenn sie artenreich sein sollen. Gerade in der Stadt gibt es im öffentlichen Raum und besonders in privaten Gärten aber oft kleinteilige Flächen, für die sich die Ansaat einer Wiese nicht lohnt. Solche Flächen eignen sich besser für die Anlage eines Staudenbeets, das ebenfalls mit heimischen, insektenfreundlichen Arten gestaltet werden kann. Stauden sind mehrjährigen Blumen, d.h., sie erhalten die gewünschte Optik des Beets über einen langen Zeitraum.
Begeistern, beteiligen, bilden
Im Rahmen des BioDivHubs am Ökologischen Bildungszentrum planen wir gerade ein Schaubeet aus heimischen Staudenarten als Anregung für die Nachahmung im Privatgarten. Dazu hatten wir am 19.09. ein BioDivHubs-Treffen am ÖBZ. Die Planung verläuft von Anfang an als gemeinsamer Prozess, das ist der besondere Ansatz der BioDivHubs. Denn bei der gemeinsamen Entwicklung des Konzepts lernen alle Beteiligten mehr als bei der Umsetzung eines bereits fertigen Plans. Austausch und Kreativität sind außerdem die beste Motivation, um ins Tun zu kommen. Schließlich erfordern die Umsetzung und anschließende Pflege einiges an Arbeit.
Mitten im Diskurs zum Thema Arterhaltung
Unser Einstieg in die Planung geschah mit dem Kennenlernen des Conservation Gardening-Konzepts. Dieser Ansatz – entwickelt von der Uni Leipzig und dem Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung – beruht auf der Erkenntnis, dass heimische Arten, die an ihren natürlichen Standorten gefährdet sind, auch im Siedlungsraum, auf öffentlichen und privaten Flächen gepflanzt werden können. Ist es also möglich, Arten aus der Roten Liste, die im Rückgang begriffen sind, durch Wiederansiedlung vor dem Aussterben zu bewahren? Für uns Natur-Begeisterte ist das eine sehr motivierende Idee. Andere Wissenschaftler*innen sehen diesen Ansatz allerdings kritisch, weil er nicht berücksichtigt, dass besonders geschützte Arten gar nicht erhältlich sind und die Ausbringung dieser Arten an neuen Standorten Florenverfälschung verursachen kann. Man muss nämlich wissen: Die genetische Ausstattung ein und derselben Art ist je nach Ursprungsgebiet unterschiedlich. Kaufe ich z. B. eine Glockenblume aus norddeutscher Produktion, hat sie eine andere Genetik als die Glockenblume, die in Oberbayern wächst. Wird die norddeutsche Blume in Bayern angepflanzt, vermischen sich die beiden, d.h., die hier heimische Glockenblume wird durch ihre Verwandte aus entfernten Gebieten genetisch verändert, „verfälscht“. Aus Laienperspektive ist das ein völlig ungewohnter Gedankengang, aus Sicht des Artenschutzes aber eine sehr bedeutsame Tatsache. Denn es geht darum, den einmaligen Genpool einer seltenen Art so zu erhalten, wie er sich über lange Zeit an spezielle Bedingungen angepasst hat. Die südliche Glockenblume ist womöglich besser an Trockenheit angepasst als die nordische Variante; für ihren langfristigen Fortbestand ist diese Eigenschaft überlebenswichtig. Im Rahmen von Artenhilfsprogrammen werden seltene Arten nur in direkter Nähe zum Herkunftsort wieder angesiedelt. So kann man dazu beitragen, eine kleine Restpopulation einer Art in der für sie passenden Umgebung zu vergrößern. Und man verhindert eine Vermischung und Nivellierung genetischer Besonderheiten. Verwendet man für die Wiederansiedelung Pflanzen, die aus derselben Gegend stammen, nennt man diese Pflanzen autochthone Arten.
Gemeinsamer Lernprozess
So lernen wir in unserem Planungsprozess durch Einbeziehung vieler Experti:nnen Begrifflichkeiten und Aspekte kennen, die für den Erhalt der Biodiversität wichtig sind. Wissenschaftler:innen der TUM, vom Botanischen Garten, Fachleute aus Naturschutzverbänden wie BN oder Heideflächenverein und das RKU der LH München geben Impulse und beraten uns bei der Pflanzenauswahl. Am Ende setzen wir kein Schaubeet für Conservation Gardening um, haben durch unseren begeisterten Einstieg über das Conservation Gardening-Konzept und das Begreifen der problematischen Aspekte darin aber den komplexen Artenschutz-Diskurs kennengelernt und viel Neues verstanden. z. B. werden wir anstelle der sehr seltenen Finger-Kuhschelle die gewöhnliche Kuhschelle verwenden. Anstelle der traubigen Graslilie macht für uns die im Münchner Umland noch vorkommende Ästige Graslilie mehr Sinn. Die kleine Bibernelle ersetzt den Bergkümmel, das echte Labkraut das blaugrüne Labkraut. Usw. Einzelne Arten aus dem Conservation Gardening -Liste, die nicht streng geschützt sind und im Münchner Umland vorkommen, finden wie z.B. das Kleine Mädesüß aber auch Platz auf unserem Beet.
Das A und O für eine gelingende Planung ist die Berücksichtigung des jeweiligen Standorts. Wenn die Arten nicht an gegebene Licht- und Bodenverhältnisse angepasst sind, funktioniert die Pflanzung nicht dauerhaft. Deshalb werden alle Arten abgesehen von ihrer Eignung aus Artenschutz-Perspektive auf ihre Standortansprüche hin geprüft und kategorisiert. Nach und nach klärt sich die Pflanzenauswahl. Mit ca. 30 Arten erstellten wir in Kleingruppen unterschiedliche Entwürfe für das knapp 30 qm große Beet. Wobei die Stauden je nach ihren gestalterischen Funktionen in 4 Gruppen aufgeteilt werden: in Leitstauden, Begleit- und Füllstauden und Streupflanzen. Gefühl für Farbe und Struktur sind die kreativen Zutaten bei der Planung, über die es sich zu einigen gilt. Die fertigen Entwürfe werden von unseren Expert:innen abschließend geprüft, bevor es im Frühjahr an die Umsetzung geht.
Wer mehr darüber erfahren will melde sich unter: muz@oebz.de
Seit dem 25. August ist ein Podcast des Wissensmagazins Kortext auf dem Radiosender M94.5 über das BioDivHubs-Projekt zu hören. M94.5 ist ein Angebot der Mediaschool Bayern, ein junger Sender mit eigener Lehrredaktion. Im Kortex wird immer sonntags über aktuelle Forschung und brandheiße Themen aus der Wissenschaft berichtet. In der Folge mit dem Titel „Mondarchiv“ befassen sich Pavel Fridrickhs und Max Winkler, beide Studenten der Mediaschool Bayern, mit dem Thema Biodiversität und warum sie für eine Millionenstadt wie München so wichtig ist. Dafür wurde ein Teil des BioDivHubs-Teams Anfang August online interviewt.
In diesem Podcast erklärt uns Konrad Bucher vom Münchner Umwelt-Zentrum und Ackermannbogen e.V., was Biodiversität ist. Magdalena Engl bringt ans Licht, wie Green City e.V. junge Menschen für die Biodiversität aktiviert. David Schoo von der TUM verrät die Geheimnisse des Demonstrationsgartens, der in unterschiedlichen Orten in München aufgestellt wird. Marc Haug vom Münchner Umwelt-Zentrum erklärt, warum das BioDivHubs-Konzept ein Modellcharakter hat. Und das alles in nur 5 Minuten!